Pressemitteilungen

Umgang mit geflüchteten Menschen

Mit Entsetzen und Unverständnis blickt die OFFENE KIRCHE, evangelische Vereinigung in Württemberg, auf die Diskussionen und Beschlüsse zum zukünftigen Umgang mit geflüchteten Menschen an deutschen und europäischen Grenzen.

Wir sind dankbar für die längste Friedensperiode, die unser Kontinent seit Menschengedenken erleben darf, und für das jüdisch-christliche Erbe, das Europa tief geprägt hat. Nach so vielen Kriegen und unendlichem Leid sind dank des Einsatzes engagierter Europäer*innen viele Grenzen gefallen.

Umso unverständlicher ist uns, wie dieses Friedensprojekt zugunsten kurzsichtiger und egoistischer Interessen aufs Spiel gesetzt werden kann. Wie die Menschenrechte mit einem Mal wieder verhandelbar werden. Je nachdem, ob die Person, um die es geht, Bürger*in der EU ist oder nicht. Wie immer neue Grenzen gezogen werden und Staaten sich abschotten. Dass Staaten und Parteien, die sich auf das jüdisch-christliche Erbe Europas berufen, ihre Kräfte bündeln, um Menschen in Not abzuwehren. Dass Hilfe für Ertrinkende gerichtlich geahndet wird und Menschen wieder enthumanisiert werden.

Wir sind beschämt, dass aufgrund parteipolitischer Erwägungen und Sorge um den eigenen Machterhalt Mitmenschlichkeit auf der Strecke bleibt und Folter, Ausbeutung und ungezählte Tote billigend in Kauf genommen werden. Es ist uns unerträglich, dass ständig von „illegaler Migration“ gesprochen wird, wenn zugleich praktisch keine Möglichkeiten der legalen Migration für Menschen auf der Flucht besteht.

Die Hauptlast der weltweiten Fluchtbewegungen tragen die Nachbarländer der Herkunftsstaaten, nicht das reiche Europa. Es ist nur ein Bruchteil der Flüchtenden, die an unsere Türen klopfen und um Aufnahme bitten. Es sind unsere Wirtschaftsformen, unsere Waffenexporte und unser Versagen in Klimafragen, die Menschen die Lebensgrundlage rauben.

Wer Hass sät, wer nationalistische oder parteipolitische Egoismen pflegt, wer Menschen in Not abweist, kann sich nicht auf Jesus von Nazareth berufen. Man kann nicht Kreuze aufhängen und die mit Füßen treten, die Jesus Christus seine „geringsten Geschwister“ genannt hat.

Wir fordern unsere Volksvertreter*innen dringend auf, umzusteuern. Wir fordern sie auf, endlich nationalistischen Umtrieben energisch entgegenzutreten und sich für den Schutz von Leib und Leben aller Menschen einzusetzen.

Vorstand und Gesprächskreis OFFENE KIRCHE

6. Juli 2018